Johanna, du hast vor kurzem einen Beitrag mit dem Titel „Arbeitsrecht gegen Rassismus“ verfasst. Der Artikel ist sogar im Jahrbuch des Arbeitsrechts der BAG-Präsidentin Inken Gallner erschienen. Worum geht es in dem Artikel?
In dem Artikel beschäftige ich mich damit, wie sich die Arbeitsrechtspraxis – also vor allem Betriebe und Gerichte – aber auch die Wissenschaft mit Rassismus befassen. Das ist auch dringend notwendig: Der Begriff „Rassismus“, seine Bedeutung und die gesellschaftliche Wirkung von Rassismus sind aus arbeitsrechtlicher Perspektive bisher kaum bearbeitet. Zum Teil entsteht sogar der Eindruck, das Thema wird mit spitzen Fingern angefasst. Das muss sich meiner Meinung nach dringend ändern. Deswegen habe ich vor allem erst einmal beschrieben, was Rassismus ist und wie er wirkt.
Warum ist das Verhältnis zwischen Arbeitsrecht und Rassismus gerade jetzt so relevant?
Rassismus nimmt in unserer Gesellschaft leider immer weiter zu, wie beispielsweise Anfragen bei der Antidiskriminierungsstelle zeigen. Das schlägt sich natürlich auch in Konflikten in den Betrieben nieder. In den Arbeitsgerichten kommt das z.B. in Form von Kündigungen an, die wegen rassistischer Beleidigungen ausgesprochen wurden. Betriebsräte und Unternehmen, aber auch die Arbeitsgerichte und die Rechtswissenschaft tragen hier eine Verantwortung und sind gefordert: Sie müssen Rassismus erkennen, benennen und effektiv dagegen vorgehen, auch präventiv. Arbeitsrecht ist dabei ein Instrument, das im Kampf gegen Rassismus helfen kann. Und ich halte es für erforderlich, dieses Instrument auch gezielt zu benutzen.
Welche Instrumente können das sein?
Es kann z.B eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, die den guten Umgang miteinander regelt wird und in der „klare Kante“ gegen Rassismus als betriebliche Regel vereinbart wird. Das ist nicht nur eine wichtige Prävention und Aufklärung, sondern kann auch genutzt werden, wenn Menschen durch rassistische Beleidigung oder andere Formen der Diskriminierung gegen diese Regeln verstoßen. Mit solchen Regeln wird es leichter, Betroffene zu schützen und klare Kante gegen Rassist*innen auch konkret umzusetzen, wenn es darauf ankommt.
Welche Rolle spielen Betriebsrät:innen beim aktuellen Kampf gegen Rassismus?
Betriebsräte sind aktuell in sehr vielen Bereichen mit multiplen Krisen befasst und gefordert. Bei ihnen schlagen sowohl zunehmende wirtschaftliche Unsicherheiten als auch die Verschärfung von Konflikten auf. Wir wissen aus verschiedenen Untersuchungen, dass Mitbestimmung ein wichtiges Mittel gegen antidemokratische und menschenfeindliche Haltung ist. Die Erfahrungen, die Menschen in den Betrieben machen, prägen ihre Haltung auch jenseits der Arbeitsplätze. Betriebsräte sind wichtig, um Menschenrechte und Demokratie im Betrieb zu verteidigen. Sie spielen damit auch eine entscheidende Rolle im gesamtgesellschaftlichen Kampf gegen Rassismus.
Letzte Frage: Was können Betriebsräte konkret gegen Rassismus im Betrieb unternehmen?
Für den Rechtsschutz von Betroffenen ist sehr wichtig, dass sie für eine effektivere Durchsetzung von Diskriminierungsverboten sorgen. Hier sind natürlich auch die Arbeitgeber in der Pflicht, sowohl moralisch als auch gesetzlich. Oft sind es aber Betriebsräte, die dafür sorgen, dass Beschwerdestellen eingerichtet werden oder Rechtsextremismus auf Betriebsversammlungen thematisiert wird. Betriebsräte sind dabei auch deshalb entscheidend, weil sie Mitbestimmungsrechte nutzen können, um Kolleg:innen zu schützen, die von Rassismus betroffen sind. Sie sind wichtige Ansprechpartner:innen für Betroffene. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, brauchen auch sie Wissen und Kompetenzen.